
Ariane Mueller, Fische sind ins Meer gefaltet wie das Meer in die Fische, Ausstellungsansicht, Secession 2025
Foto: Oliver Ottenschläger
Ariane Mueller
Fische sind ins Meer gefaltet wie das Meer in die Fische
Secession | 29.5.– 31.8.2025
„Die Ausstellung kommt aus einer Irritation, die mein Leben zu begleiten scheint oder mein Denken immer wieder unterbricht, durch etwas, das mir grundsätzlich sehr fremd ist, und das ist der Krieg.“ (Ariane Mueller)
Ariane Muellers Beschäftigung mit dem Krieg, die im Zentrum der Ausstellung Fische sind ins Meer gefaltet wie das Meer in die Fische steht, hat eine lange, komplexe Geschichte. Schon Anfang der 1990er-Jahre kam sie im Zuge der Arbeit an der Kunstzeitschrift Artfan (1991–1996), die sie gemeinsam mit der Künstlerin Linda Bilda herausgab, mit dem Konflikt in Jugoslawien in Berührung. Autor*innen vor Ort wollten in Artfan Artikel veröffentlichen, die Waffenlieferungen für Slowenien im Krieg gegen Serbien forderten. Aus Ratlosigkeit, wie damit umzugehen war, fuhren die Künstlerinnen kurz nach Beginn des Kriegs nach Zagreb. Als langjährige Delegierte bei den Vereinten Nationen war Mueller später auch mit dem Irak-Krieg konfrontiert.
Die Vorbereitung der Ausstellung 7, rue des Grands Augustins (2023) bei Schiefe Zähne in Berlin, die als gedankliche Grundlage für die Ausstellung in der Secession fungierte, fiel mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs zusammen. Zu dieser Zeit befand sich die Künstlerin in Paris. Dort verbrachte sie viel Zeit vor dem Atelier Picassos, das der Künstler in der Rue des Grands Augustins extra für die Umsetzung des sehr groß geplanten Gemäldes Guernica (1937) angemietet hatte. Es entstand in Reaktion auf den spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) und steht für Mueller für die persönliche Entschlossenheit und später oft attestierte Vergeblichkeit, sich künstlerisch gegen den Krieg zu positionieren.
Fische sind ins Meer gefaltet wie das Meer in die Fische teilt sich in zwei Sphären, die sich gegenüberstehen und die Mueller dem Krieg und dem Frieden zuordnet. In ersterer werden neue großformatige Darstellungen von Naturszenerien präsentiert. Die Landschaften wurden rund um Wien und in der Steiermark skizziert oder sie entstanden nach den Bildern des chinesischen Malers Shi-Tao. Sie zeigen diverse Wege hinausführend in die Landschaft – „Holzwege“, wie die Künstlerin feststellt. Die Bilder illustrieren die Neigung, sich angesichts des Krieges aus dem Zentrum in die Abgeschiedenheit, in das Schweigen, zurückzuziehen. Oder, im übertragenen Sinne, sich, anstatt mit gegenwärtigen Widersprüchen und politischen Fragen mit zeitlosen malerei-spezifischen Themen auseinanderzusetzen. Die Möglichkeit eines solchen Rückzugs stellt die Künstlerin grundsätzlich in Frage. Der Krieg ist in uns genauso hineingefaltet wie wir in den Krieg...
Ariane Mueller
Fish are folded into the sea just as the sea is folded into fish
Secession | 29.5.– 31.8.2025
The exhibition grows out of an irritation that seems to shadow my life or that time and again interrupts my thinking, with something that is actually quite alien to me, and that thing is war.’ (Ariane Mueller).
Ariane Mueller’s preoccupation with war, which is at the heart of the exhibition Fish are folded into the sea just as the sea is folded into fish, has a long and complex history. Decades ago, in the early 1990s, she came into contact with the conflict in Yugoslavia through her work on the art magazine Artfan (1991–1996), which she edited together with the artist Linda Bilda. Slovenian writers wanted to place articles in Artfan in which they called for arms supplies to their country in support of its war with Serbia. Unsure how to handle the situation, the artists travelled to Zagreb shortly after the war began. As a delegate to the United Nations for many years, Mueller was later also faced with the Iraq War.
The preparations for the show 7 rue des Grands Augustins (2023) at Schiefe Zähne in Berlin, which served as the intellectual basis for the exhibition at the Secession, coincided with the outbreak of the Ukraine War. The artist was staying in Paris at the time, where she spent a lot of time outside the studio on the Rue des Grands Augustins that Picasso had rented especially for the purpose of realizing his ambitious work Guernica (1937). The painting in an unusually expansive format was his response to the Spanish Civil War (1936–1939); to Mueller, it represents the artist’s personal resolve to take a stand in his work against war, as well as for what has since often been described as the futility of such an effort.
Fish are folded into the sea just as the sea is folded into fish is divided into two spheres facing each other that Mueller associates with war and peace, respectively. In the former, she presents new large-format depictions of natural sceneries. The artist sketched them around Vienna and in Styria or took inspiration from pictures by the Chinese painter Shi-Tao. They show various paths that lead out into the countryside – wrong paths, as the artist notes. The pictures illustrate the propensity to respond to the confrontation with war by withdrawing from the centre into seclusion, into silence. Or, in an extended sense, by avoiding the engagement with contemporary contradictions and political questions and grappling with timeless questions specific to painting instead. The artist fundamentally questions the possibility of such a withdrawal. War is folded into us like we are folded into war...