
Tom Burr, 2025. Courtesy of the artist and Galerie Neu, Berlin
Tom Burr
Paul
Grazer Kunstverein | 20.9. – 23.11.2025
In Paul arbeitet Tom Burr mit Pier Paolo Pasolinis unverwirklichtem Film über das Leben des Apostels Paulus – ein 1966 verfasstes Drehbuch, das den Apostel nicht in Gewändern und Wüstensand, sondern im Trenchcoat und auf den Straßen der Stadt neu interpretiert, wie er durch die harten Geometrien von Paris, Rom, Genf und New York schreitet. Pasolinis Paulus ist ein Mann, der durch das Licht, die Offenbarung und die unerträgliche Last, zu viel und zu klar zu sehen, zerrissen wird. Burr greift diese Figur auf – nicht als Heiligen, sondern als Bruchlinie zwischen Unruhe und Sehnsucht, als Sehen, das sich gegen sich selbst wendet. Er deutet die berüchtigte Erblindung des Paulus auf dem Weg nach Damaskus um: nicht als göttliche Offenbarung, sondern als gewaltsames Losreißen – von Gewissheit, von staatlich sanktioniertem Glauben, von den geraden Linien der Macht. In Anlehnung an den unvollendeten Zustand des Films begreift Paul die Unvollständigkeit als schöpferische Methode, um überlieferte Fragmente und ungelöste Ideen in Bewegung zu setzen. Die Ausstellung bewohnt das Unvollendete: eine Form, die andere Formen einübt und in nachfolgende Iterationen, Anordnungen und Kontexte übertragen wird. Während der Entstehungsphase wird Burr gemeinsam mit dem Kurator der Ausstellung, Tom Engels, eine Publikation entwickeln, die die Ausstellung über ihre derzeitige Form hinaus erweitert und ihre nächsten Leben vorbereitet – weitere Mutationen von Paul, die sich mit jeder neuen Inszenierung verwandeln werden. In diesem Entfalten wird Paul zu einem zerbrochenen Spiegel, einem anhaltenden Ungehorsam, in dem das Niedergeschlagenwerden zugleich ein Neubeginn ist.
Tom Burr
Paul
Grazer Kunstverein | 20.9. – 23.11.2025
In Paul, Tom Burr works with Pier Paolo Pasolini’s unrealized film on the life of Saint Paul—a script drafted in 1966 that reimagines the apostle not in robes and desert dust, but in a trench coat and city streets, striding through the hard geometries of Paris, Rome, Geneva, and New York. Pasolini’s Paul is a man undone by light, revelation, and the unbearable weight of seeing too much, too clearly. Burr takes up this figure—not as saint, but as a fault line of unrest and longing, of vision turning against itself. He recasts Paul’s infamous blinding on the road to Damascus as something different from divine revelation: a violent unfastening—from certainty, from state-sanctioned belief, from the straight lines of power. Echoing the film’s unfinished state, Paul embraces incompletion as a generative method for pushing inherited fragments and unresolved ideas into motion. The exhibition inhabits the unfinished: a form that rehearses other forms, carried forward into subsequent iterations, arrangements, and contexts. Throughout its making, Burr will develop a publication in collaboration with the exhibition’s curator, Tom Engels, extending the exhibition beyond its present iteration and preparing its next lives—further mutations of Paul that will morph with each new staging. In this unravelling, Paul becomes a fractured mirror, a lingering disobedience, where to be struck down is also, somehow, to begin again.